Preisgekröntes Kabarett mit Claus von Wagner. Das neue Programm „Im Feld“ riss die Süddeutsche zu Begeisterungsstürmen hin („Fulminate Feldforschung“) und sorgte in der Lach- und Schießgesellschaft für ausverkauftes Haus. Heute kommt er wieder zum StuStaCulum zu seiner treuesten Fangemeinde – das dürfen sie sich nicht entgehen lassen!
„Im Feld“
Achtundzwanzig Jahre alt und nichts für die Unsterblichkeit getan! Damit ist jetzt Schluss. Und mit der Jugend auch. Obwohl ...
Im Feld basiert auf einer wahren Begebenheit. Es spielt in Deutschland, in einer Zeit, in der junge Menschen nichts anderes zu hören kriegen als: „Sei mobil, flexibel und eigenverantwortlich.“ Klingt gut. Ist aber auch eine prima Beschreibung für einen Obdachlosen.
Im Feld handelt von einem – vorübergehend obdachlosen – jungen Mann, der wohl vor der größten Entscheidung seines Lebens steht. Verfolgt von städtischen Beamten, der Polizei, den Reportern eines regionalen Hörfunksenders und seinen eigenen Dämonen wird aus einem gedankenverlorenen Experiment ein Ausflug ins pralle Leben. Im Feld ist Feldforschung live, ein Abschied von der heilen Welt.
Ein Programm über Verantwortung, Politik, gefundene Jugend und den Gemütszustand in der Postmoderne. 90-minütiges satirisches Echtzeit-Theater über das Leben im Eigentlich.
Lustig? Garantiert!
SZ Extra schreibt:
HEUL’ NICHT MIT DEN WÖLFEN
Claus von Wagner nimmt tragikomisch Abschied von der Jugend
Es ging ganz schnell von Ende 2002 bis Mitte 2003: Claus von Wagner räumte mit seinem Debütprogramm „Der Rest ist Schweigen“ ein halbes Dutzend Preise vom „Kabarett Kaktus“ bis zum Scharfrichterbeil-Förderpreis ab und katapultierte sich mit einem politisch pointierten wie formal vollendeten Generationenporträt schlagartig in die erste Riege der Kabarett-Talente. Danach aber ließ er sich Zeit. Er hatte das Gefühl „erst wieder etwas erleben zu müssen“. Also brachte er sein Studium zu Ende, klapperte die Bühnen der Republik ab (auch als „Mach3“ mit den Kollegen Philipp Weber und Matthias Tretter), arbeitete als Gagschreiber fürs Radio und „suchte Substanz“. Die hat er offenkundig gefunden, sein neues Programm „Im Feld“, wagt sich an ein großes Thema: Wagner nimmt Abschied von der Jugend. Sein Bühnenalter-ego hat die juvenile Prioritätenliste Führerschein, Studium, Beruf, Freundin und Ipod abgearbeitet und steht nun vor der Entscheidung, weiter mit den Wölfen zu heulen oder einen anderen Weg einzuschlagen. Zeit zum Nachdenken wäre angesagt, doch die will ihm keiner gewähren: Städtische Beamte und Polizei, Radioreporter und Politiker – als ob die eignen Dämonen noch nicht genug wären, sind alle ständig hinter ihm her. Man darf gespannt sein, wie Wagner dieses „weite Feld“ mit seinem tragikomischen Theaterkabarett bewältigt. Doch einer der die gesellschaftlichen Verheißungen von Mobilität, Flexibilität und Eigenverantwortung zielgenau als perfekte Beschreibung eines Obdachlosen enttarnt, schafft das spielend.
SZ Kritik
Fulminante Feldforschung
Claus von Wagner in der Lach- und Schießgesellschaft
Es ist noch nicht einmal auf der Welt, da stänkert es schon und pocht vehement auf seine Rechte, leben zu dürfen. Es fordert die Gesellschaft heraus, gute Argumente gegen seine Existenz zu finden. Einen prominenten Kontrahenten, einen Vertreter der Hosenschisser-Fraktion, hat das ungeborene Leben schon: seinen eigenen Vater.
Der Antiheld in Claus von Wagners neuem Programm "Im Feld", das er in der Lach- und Schießgesellschaft präsentierte, will kein Kind. Es würde seine Freiheit in Frage stellen, ihn jahrelang als Vorbild missbrauchen, nur weil es sich trotz Verhütung als "Eiweißrevoluzzer" einen Weg ins Leben ertrotzt hat. Auf der Suche nach Begründungen, warum er garantiert ein "schlechter Vater" wäre, jagt von Wagner quer durch die deutsche Republik: Als scharfzüngiger Analytiker politischer Idiotien, als genauer, authentischer Beobachter der Konsum-Diktatur findet er allerdings nur Antworten, die die Geburt seines Kindes rechtfertigen würden.
Der Vater, vom selbst produzierten "Zellhaufen" angeklagt, wird zum Ankläger, zum Gejagten. Denn der Staat, den Wagner so rüde beschimpft, wehrt sich, macht gegen ihn mobil. Die von oben kontrollierte Sicherheit ist in Gefahr, weil die Wahrheit nicht ans Licht darf. "Aber eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Sonst würde ich ja nicht Vater."
Drei Jahre ging der mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete Münchner Nachwuchskabarettist mit seinem dritten Soloprogramm schwanger. Keinesfalls, so sagt der 28-Jährige, sollte der neue Wurf wieder eine Spiegelung der 77er-Generation werden, keine Retrospektive, sondern Echtzeit-Kabarett. Mit Themen, die nicht andere gut finden, sondern er selbst. "Die Frage zum Beispiel, was Sicherheit wirklich bedeutet."
Sein Abschied von der Vergangenheit ist ein fulminanter. Claus von Wagner hat einen ganz eigenen Stil gefunden, der ihm mit Sicherheit noch mehr Preise einbringen wird. Seine "Feld"-Forschungen sind keine Gedankensplitter, sondern ein fein gesponnenes Theaterstück. Was wie ein Allerwelts-Beziehungsdrama beginnt, wird zur hintergründigen Politsatire und zu einem wortstarken Kampf darum, Utopien träumen, Visionen leben zu dürfen. Dabei surft von Wagner in atemberaubendem Tempo zwischen Fiktion und Realität hin- und her, lässt einem kaum die Chance, Luft zu holen. Bis zum Schluss. Da bleibt einem tatsächlich die Luft weg: Das Kind, das von Wagners Antiheld partout nicht haben will, rettet ihm das Leben. Und seine Seele.
NICOLE GRANER